24 August 2006 @ 11:20 am
SPN Fanfiction: Long Way Down, Long Way Home (10/16)  
Titel: Long Way Down, Long Way Home
Kapitel 10/16
Autorin: Steffi
Altersfreigabe: irgendetwas zwischen 12 und 16 Jahren.
Sonstiges: Gen Fanfic, Angst, keine Spoiler.
Klappentext: Was, wenn das Leben, das man kannte, auf einmal vorbei ist?
Disclaimer: The characters and places are not mine. This is non-profit fanfiction.

A/N: Es folgt das düsterte Kapitel der Geschichte. Danach wird's besser. Ehrlich.




Kapitel 10


Sein Geld neigte sich dem Ende, er merkte es zu spät. Ein letzter Abend im Motel war noch drin, von da an würde er im Auto schlafen müssen. Damit das Geld wenigstens noch für etwas zu Essen und andere notwendige Dinge reichte. Nicht, dass er dafür noch besonders viel ausgab.

Dean hatte vergessen, eine neue Kreditkarte zu beantragen. Einfach vergessen. Nicht dran gedacht. Und jetzt stand er so gut wie ohne Geld da, es würde dauern, bis er eine neue Kreditkarte bekam. Es war nicht das erste mal, dass ihm das passierte, aber damals hatte er sich mit Poker und Poolbillard aus der Misere retten können. Aber sein Glück hatte ihn in dem Moment, als Sam gestorben war, verlassen.

Er gestand sich nicht zu, dass es an der mangelnden Konzentration und seinen zitternden Fingern lag, dass er mittlerweile wesentlich öfter beim Glücksspiel verlor als gewann. Fortuna hatte sich nun mal abgewandt, und er konnte nichts dagegen tun. Es machte ihm nicht wirklich was aus. Im Gegenteil, hätte er munter weiter gewonnen, dann wäre ihm das vorgekommen, als würde Fortuna höhnisch auf ihn hinunterlächeln. Dein Bruder ist tot, aber wenigstens gewinnst du noch beim Poker, also beschwer dich nicht, es könnte schlimmer sein.

Die Waffen vor sich auf dem Bett ausgebreitet begann Dean, sie zu säubern. Es war das einzige, dass er immer noch mit Sorgfalt tat, es lenkte ihn ab, er hatte, was das betraf, geradezu eine Manie entwickelt. Noch nie in seinem Leben hatte er so oft seine Waffen auseinander genommen, geputzt und wieder zusammengesetzt. Es beruhigte ihn. Die Stimme wurde etwas leiser.

Er dachte an seinen Vater, während er den Lauf seines Gewehres reinigte. Wo er wohl war? Ob es ihm gut ging? Dean erinnerte sich noch bruchstückhaft daran, wie sein Vater nach Marys Tod gewesen war. Und er erinnerte sich nicht gerne daran. Es hatte lange gedauert, bis er überhaupt wieder in der Lage gewesen war, selber auf seine Söhne aufzupassen. Jetzt war Sam tot, und Dean hatte das ungute Gefühl, dass John sich dieses Mal vielleicht nicht wieder fangen würde. In seinen Träumen sah Dean seinen Vater oft, wie er sich in irgendeiner Kneipe oder Motelzimmer zu Tode soff. Alt geworden, die Haare nun vollständig grau, die Augen müde und tief umschattet, neue Falten waren hinzugekommen. Und dann wurde eine andere Stimme immer lauter, Schau, was du angerichtet hast.

Es war nicht fair. Es war nicht fair, was ihnen passiert war. Er selber war ja noch so klein gewesen, aber er konnte sich noch an seinen Vater erinnern, bevor der Dämon ihre Familie zerstört hatte. Er konnte die Liebe und Wärme, die John damals seinen Söhnen entgegengebracht hatte noch spüren. Sie war so stark gewesen, dass sie in Deans Erinnerungen die Zeit überdauert hatte. John war der beste Vater der Welt gewesen, und für Dean war er es immer noch. Er verstand John, verstand warum er das tat, was er glaubte, tun zu müssen. Er tat es für seine Söhne, er liebte sie nicht minder als damals, aber er hatte sich verändert. Das zu sehen tat weh, und Dean wagte nicht daran zu denken, wie John jetzt war. Und niemand anders als er, Dean Winchester, trug daran Schuld. Nicht an Marys Tod, aber an Sams. Er hatte nicht nur Sam verloren, sondern auch endgültig seinen Vater. Er, gerade er, hatte dafür gesorgt, dass die Familie Winchester nun vollkommen verschwunden war.

Hoffentlich, hoffentlich ging es John gut. Nicht anrufen zu können war das Schlimmste. Noch nicht mal prüfen zu können, ob John das Handy überhaupt noch benutzte. Denn was, wenn John ranging? Dean würde nicht einfach auflegen können. Unmöglich.

Vorsichtig begann er, die Waffen wieder in seine Tasche zu packen. Das kalte Metall glitt wohltuend durch seine Finger. Gewehre und Pistolen und Dolche waren seine Freunde, die einzigen, die er besaß. Noch immer hatte er keine einzige Träne vergossen. Zuerst war er zu betäubt gewesen, um den Schmerz und Verlust spüren zu können. Jetzt waren sie ständig präsent, Deans treue Begleiter, stets an seiner Seite. Unterschwellig doch allgegenwärtig, er versuchte sie zu ignorieren und hatte den Verdacht, dass sie es waren, die die Stimme zu ihm schickten, Du hast Sammy verloren.

Er konnte nicht weinen, es ging einfach nicht. Schutzbarrieren hatten sich aufgebaut, die sorgsam die Wut und Tränen und Zorn und Angst zurückhielten, und würde er weinen, so würden sie zusammenbrechen und die Welle würde auf ihn nieder herabstürzen und ihn unter sich begraben. Das durfte nicht passieren. Er fürchtete sich davor und verstärkte die Mauer in dem er sich sagte, er sei ein Weichei und Tränen würden nicht helfen sein Versprechen zu erfüllen. Und dann fühlte er sich irgendwie immer noch betäubt, kalt und gefühllos bis auf den Schmerz der so groß war, dass er sogar die Taubheit durchbrach.

Dean stützte den Kopf auf und rieb sich die Schläfen, er hatte Kopfschmerzen. Das Pochen hinter seiner Stirn war ebenfalls ein ständiger Kumpan geworden, es verging kaum ein Tag, an dem er nicht zumindest ein Aspirin schluckte. Manchmal sogar vorsorglich. Wie ein alter Mann lief er umher, mit hängenden Schultern, weil er die Last fast nicht mehr tragen konnte, seine Schritte waren schleppend geworden. Sein Körper schmerzte und drückte damit aus, was Deans Verstand nicht konnte.

Er griff nach der letzten Pistole, wog sie einmal kurz in seiner Hand und stockte. Sie war klein, und silbern, glänzte im fahlen Lampenlicht – eine Schönheit in Deans Augen. Leicht lag sie in seiner Hand, seine Hand, die so knochig geworden war. Genau wie seine Arme. Er verengte die Augen ein wenig, um sie genauer anzusehen und plötzlich schien es ihm, als läge die Antwort vor ihm. Die Lösung seiner Probleme.

In den vergangenen Monaten hatte Dean nie darüber nachgedacht. Kein einziges Mal auch nur in Erwägung gezogen. Er hatte einfach weitergemacht, wie ein kleiner, braver Soldat. Wie eine Maschine, die funktionieren musste.

Aber er spürte, dass er langsam unter der Last zusammenbrach. Er fühlte sich schlapp, ausgelaugt, müde. Er hatte nichts mehr zu geben. Er tötete nicht halb so viele Dämonen, wie er wollte. Er konnte einfach nicht. Seine Wendigkeit war weg, seine Ausdauer praktisch nicht mehr vorhanden und die Tricks, mit denen er sich früher immer aus brenzligen Situationen befreit hatte, funktionierten nicht mehr. Jede neue Jagd war anstrengender und dauert länger als die Jagd davor. Es war pures Glück, dass er noch am Leben war, und sein Körper war übersäht mit Schrammen, Blutergüssen und Schnitten, die das bezeugen konnten.

Deans Finger schlossen sich um den Griff der Pistole, und er hob sie langsam hoch, bis der Lauf auf seinen Kopf zeigte. Wie von selbst, als würde jemand seine Hand noch oben zwingen. Als gehöre die Hand nicht zu ihm, wie damals, als seine Füße zum Wagen gelaufen und damit zum Unfallort gefahren waren. Sein Zeigefinger lag am Abzug und zitterte ein wenig. Das Metall lag kühl an seiner Stirn, beruhigend und machte alles ein wenig besser. Die Geräusche wurden leiser, das Chaos in seinem Kopf ordnete sich, er konnte klarer sehen.

Warum machte er überhaupt weiter? Was hatte er noch zu geben? Er war innerlich leer, schleppte sich von Tag zu Tag, fürchtete sich vor dem Licht wie ein scheues Tier. Im Tageslicht erschienen seine Sünden, seine Untaten deutlich vor ihm, alles was ihn ausmachte und er nun hasste. Menschen auf der Straße, die ihn anblickten und genau wussten, was er war. Ein Versager, ein Mörder. Er fragte sich, warum sie ihn nicht in aller Öffentlichkeit verprügelten oder beschimpften. Sie mussten doch wissen, was er getan hatte.

Und er konnte sich nirgends verstecken, außer in der Dunkelheit, wenn der Schatten seiner selbst noch schwächer wurde. Dean Winchester gab es nicht mehr, nur noch seinen leblosen Klon, ein Spielzeug, das keiner mehr haben wollte. Und warum sollten sie auch?

Er war kaputt, hatte seinen Dienst getan und nun war er zu nichts mehr zu gebrauchen. Die Farbe blätterte von ihm ab, die Kleidung war zerrissen. Er war dazu bereit ausgemustert zu werden. Hier auf der Erde gab es keinen Platz mehr für ihn, jemand würde ihn ersetzen oder auch nicht, was machte das schon. Kaputtes Spielzeug warf man weg, er hatte niemand, der das für ihn tun konnte also lag es an ihm.

Die Aussicht auf Frieden war so verlockend. Er spannte den Abzug, es machte ein klackendes Geräusch, er war vollkommen ruhig. Vorfreude mischte sich mit seiner Taubheit, ein seltsames, unwirkliches Gefühl, das vermutlich so gar nicht existierte. Ruhe. Frieden.

Dean glaubte nicht an den Himmel oder die Hölle, oder an ein Leben nach dem Tod. Trotz oder gerade wegen dem, was er täglich sah. Die Hölle war eine ausschließlich für Dämonen reservierte Dimension. Verirrte Seelen, so wie Geister, gingen nirgends hin, wenn sie erlöst wurden. Sie verschwanden einfach. Und genau dasselbe würde auch mit ihm passieren, wenn er starb. Kein Dasein als Engel, keine Wolke, keine Harfe, er würde einfach weg sein, und genau das war es, was er wollte. Verschwinden und nichts zurücklassen.

Er schloss die Augen, und atmete tief durch. Los, du Feigling. sagte die Stimme, tu es. Oder kriegst du noch nicht mal das hin?

Seine Hand zitterte noch immer, sein Finger, der um den Abzug lag, spannte sich an. Dean richtete sich ein wenig auf. Es war soweit. Endlich.

So, du willst dich also der Verantwortung entziehen? kam eine andere Stimme hinzu, die bestechende Ähnlichkeit mit der Stimme von John hatte, wenngleich sie es nicht war, Sam ist deinetwegen tot, und du willst dich jetzt einfach aus dem Staub machen? Glaubst du, du hast dir das verdient? Oder bist du es ihm nicht schuldig, dein Versprechen einzulösen, so lange wie du es kannst? Der Tod ist zu gut für dich.

Die Pistole sank langsam auf das Bett zurück, Dean merkte es nicht einmal. Seine Augen noch immer geschlossen nickte er stumm in sich hinein, die Stimme hatte ja Recht. Er musste weitermachen, die Strafe, die ihm auferlegt worden war, konnte er nicht einfach abstreifen.

Seine Finger umklammerten immer noch den Griff der Pistole. Er hielt sich an ihr fest, weil er sonst nichts zum Festhalten hatte, alles was er war lag jetzt in seiner Hand, ein Jäger, ein Dämonenkiller. Die Waffe war er, der Jäger in ihm, denn der Bruder und Sohn war fort. Durch Selbstverschulden.

Dean ließ sich rücklings aufs Bett fallen, die Kopfschmerzen waren zurückgekehrt und pochten unerbittlich hinter seiner Stirn. Die Bettdecke roch nach billigem Waschmittel. Draußen rauschten auf der Straße in unregelmäßigen Abständen Autos und Trucks vorbei. Als es dämmerte und Dean sich auf den Weg machte, hatte er nicht eine Minute geschlafen.

Er warf seine Tasche in den Kofferraum und stockte als sein Blick auf Sams Tasche fiel, die noch immer unverändert im Kofferraum lag. Ein Blitz zuckte durch Deans Körper, oder zumindest fühlte es sich so an (und was das betraf, war er mittlerweile ja Spezialist), dann knallte er hastig, fast wütend, den Deckel zu und schloss ab. Er stieg in den Impala und blieb einen Moment lang bewegungslos hinter dem Lenkrad sitzen. Seine Arme waren schwach, taub, und er schaffte es kaum, sie auf das Steuer zu legen. Die Kraft fehlte eindeutig und wahrscheinlich auch der Wille; das war es also, keine Ausflüchte, keine Ausreden. Kein Ausweg.

Schließlich startete er den Motor, und fuhr los. Er brauchte Geld und er kannte jemanden, der ihm Karten, Papiere und Kennzeichen würde besorgen können. Ausweise fälschen konnte Dean selber, zumindest die normalen, mit denen er Leuten vorgaukeln konnte er sei Polizist, oder wer auch immer er sein wollte. Menschen waren leicht zu beeinflussen, man musste bloß selbstsicher wirken und charmant lächeln. Dean biss sich auf die Lippe, als er daran dachte, als er sich erinnerte, wie er diese Worte seines Vaters immer wieder wiederholt hatte, auf Abfrage. „Dean, was sind die wichtigsten Dinge bei der Hochstapelei?“ „Selbstsicherheit und ein freundliches Lächeln.“ Als er daran dachte, wie er es Sam beigebracht hatte.

Maschinen hingegen waren schwieriger zu betrügen, und dafür brauchte Dean Hilfe. Dean hatte gerade noch so viel Geld über, dass er seinen Kontakt würde bezahlen können.

Er trat aufs Gas, wenn alles gut lief, würde er die Stadt in zwei Tagen erreichen.


 
 
Current Music: Sønnavindsvalsen - Rita Eriksen
 
 
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One Evil Muffin[identity profile] legoline.livejournal.com on August 24th, 2006 11:02 am (UTC)
*taschentuch reicht* Jetzt wirds besser. Ehrlich.
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